Costantino Ciervo
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Videodokumentation der Installation
Video Kanal 1
Video Kanal 2

GmbH Gomplessitá, 1995/96

kinetische 2-Kanal-Videoinstallation
24 s/w Fernseher, Holzsegmente, Gewinde, 5 Tafeln mit Ausschnitten aus dem Berliner Stadtplan mit grafischer Darstellung der wichtigsten Bebauungszonen (Jan. 1995): rot (Gebiete, die definitiv bebaut werden); orange (Gebiete, deren Planung noch offen ist); weiß/gelb gestreift (Gebiete, die für den Wohnungsbau reserviert sind), Sternchen: (Gebiete, die vom Senat für Bau- und Wohnungswesen in Auftrag gegeben wurden), 3 transparente Plastikbänder mit gestempelten DNA-Sequenzen des Virus Bakteriophagen f X174, Videoplayer, 1 VHF Sender, 3 Scheibenwischermotoren, Video (Kanal 2) mit Porträtfotos der Minister und Regierungschefs der G7-Länder 1995, Video (Kanal 1) mit Plänen und Fotosequenzen von Berliner Bauprojekten (Planungsstand 1995) sowie zwölf Management-Unterrichtslektionen aus einem Videokurs
Maße: 250 x 430 x 40 cm

Quellenmaterial der Videoaufnahmen:
AP-Bilderdienst Frankfurt
Fotomaterial der Botschaften von Italien, Frankreich, Amerika, Kanada, Japan und England in Bonn
Bundespresseamt
"Wohnungsbau, Stadt, Haus, Wohnung der 90er Jahre in Berlin", Hrsg. Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen, Berlin, 1995
"Mehr Umsatz mit System", VHS-Videokassette, 60 Min., Autor: Alexander Verweyen, Landsberg/Lech Verl. Moderne Industrie 1993

In der Videoinstallation dient ein Ausschnitt aus einem Berliner Bebauungsplan von 1995 mit farblich und grafisch unterschiedlich ausgewiesenen Entwicklungsgebieten (westliches Umland, West-Bezirke, Zentrum, Ost-Bezirke und östliches Umland) als 5-teiliger Bildträger für insgesamt 24 s/w Minifernseher ohne Gehäuse. Die Monitore sind streng geometrisch in einem rechteckigen Raster angeordnet: Es ergeben sich sechs vertikale Linien mit je vier Monitoren und vier horizontale Linien mit je sechs Monitoren. In den sechs vertikalen Reihen, mit jeweils vier identischen Videobildern, wechseln sich zwei Filme miteinander ab: Ein Zusammenschnitt von Porträts von Politikern - Ministern und Regierungschefs der G7-Länder 1995 - und ein Zusammenschnitt von Aufnahmen von Berliner Bauprojekten und -plänen kombiniert mit Ausschnitten aus einem Management-Lehrfilm zum Thema Umsatzsteigerung. Zu den eingeblendeten Porträts und Gebäuden werden jeweils synchron die Namen der Politiker bzw. Namen oder Standorte Gebäude vorgelesen und als waagerecht laufender Schriftzug eingeblendet.
Das System aus städtebaulicher Planung und kommentierenden bewegten Bildern aus Wirtschaft und Politik wird ergänzt durch eine mechanische, äußerst fragile Konstruktion: um drei Gruppen von jeweils acht Monitoren mäandert ein transparentes Kunststoffband in einer Endlosschleife. Jedes Band ist bedruckt mit einer bestimmten Abfolge der vier Buchstaben C, G, A und T (Abkürzungen der vier DNA-Basen Cytosin, Guanin, Adenin und Thymin. Die Buchstabensequenz entspricht dem genetischen Code des Bakteriophagen f xl74. Anhand dieses Bakteriums wurde in den 1950er Jahren zum ersten Mal die exakte Reihenfolge der DNA-Struktur dekodiert.

"Mit 'GmbH Complessità' deklariert Ciervo nicht nur den Zusammenhalt und die Erkennbarkeit von pluralen Zugängen zur Teilnahme an Ereignissen, sondern auch, daß die Aktiengesellschaft eine Form des Risikos und der Investition in etwas ist, dessen Realisierung noch nicht abgeschlossen ist. Wetten auf die Realität ist buchstäblich ein Unternehmen, das wissen die Künstler genau, die sich zurückziehen, um ein Bild herzustellen, und dann doch zwölf malen. Noch eine Interaktion zwischen verschiedenen Kommunikationssystemen, noch eine Interaktion zwischen dem Betrachter und einer wirklichen Topographie (die Veränderung von Berlin), [die ihn mit der Gegenwart konfrontiert]. Und auch dabei hat der Künstler eine ausgedehnte Forschung unternommen, um die Materialien zu sammeln: auch das ein Aspekt von Komplexität. Der Künstler wird zu einem Forscher der Botanik oder Virologie, tritt in Beziehung zu anderen Kompetenzen, zu wissenschaftlichen Erfahrungen, bevor er seinem Vorhaben eine Form geben kann; und sich auf der Grenze zwischen Kunst und Wissenschaft zu bewegen, ist ein Unternehmen, das nicht allen gelingt." (Valerio Dehò, Katalog GmbH Complessità, 1995, S. 6)