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2025 - SERIE MALEREI: COMUNE - AUSSTELLUNG "COMUNE - DAS PARADOX DER ÄHNLICHKEIT IM NAHOSTKONFLIKT" - 16.11.2025 bis 01.02.2026
*in einer privaten/öffentlichen Sammlung
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Presse: Der italienische Künstler Costantino Ciervo im Interview über sein Projekt Comune - by Stefan Steinberg - WORLD SOCIALIST WEB SITE (WSWS) 11.07.2025
Presse: "Paradoxien des Nahostkonflikts" TAGESSPIEGEL PNN -POTSDAM UND BERLIN - 17.11.2025
Presse: "Ein Bild, zwei Sichtweisen - experimente in Potsdam" von Karolina Wrobel - Kunst:art Nov.-Dez. 2025 (articolo in tedesco)
Presse: "Mit Davidstern und Kufija" von Matthias Reichelt- junge Welt- 03.12.2025
Presse: "Wir dürfen uns nicht auseinanderbringen lassen" - monopol-magazin - 04.12.2025
Inhaltliches und künstlerisches Konzept
Das Projekt verknüpft Kunst, Technologie und gesellschaftliches Engagement mit dem Ziel, eine kritische Reflexion über Konflikte und über die Gemeinsamkeiten anzuregen, die scheinbar weit voneinander entfernte Kulturen verbinden. Im Zentrum des Projekts steht eine Serie von neun großformatigen, vollständig von Hand mit Acryl auf Leinwand gemalten Bildern.
Der kreative Prozess öffnet sich dabei einer experimentellen Dimension, in der künstliche Intelligenz (KI) nicht als bloßes technisches Werkzeug, sondern als poetisches und politisches Medium eingesetzt wird. In einem historischen Kontext, in dem Technologie häufig mit Zerstörung und Kontrolle - bis hin zu ihrem Einsatz in Kriegen und Genoziden - assoziiert wird, kehrt dieses Projekt die Perspektive um: Die KI wird genutzt, um Visionen und Metaphern der Erneuerung zu erschaffen. Sie wird zu einem Akt ästhetischenWiderstands, zu einem Instrument, das den Algorithmus in menschliche Sprache übersetzt und durch die Kunst neue Formen von Bewusstsein, Empathie und Fortschritt generiert.
Ausgangspunkt sind fünf Porträts real existierender Personen, die durch eine gezielte Bildrecherche im Internet ausgewählt wurden: ein älterer Mann, ein junger Mann, eine ältere Frau, eine junge Frau und ein Kind. Fast alle Figuren tragen traditionelle arabisch-palästinensische Kleidung, mit Ausnahme der jungen Frau, die westlich gekleidet ist, jedoch eindeutige Zeichen ihrer palästinensischen Identität bewahrt: das Symbol einer roten Melonenscheibe mit Kernen auf dem T-Shirt - ein visuelles Emblem des Widerstands und der Zugehörigkeit - sowie einen Anhänger in Form einer islamischen Mondsichel.
Durch präzise formulierte Prompts werden diese ursprünglichen Bilder von einem KI-System transformiert, wodurch nahezu identische "visuelle Zwillinge" entstehen - mit einer entscheidenden Variation: dieselben Personen erscheinen nun in traditioneller jüdisch-israelischer Kleidung und mit deren religiösen Symbolen (Davidstern) dargestellt.
Aus dieser Metamorphose entsteht ein doppelter künstlerischer Prozess: Die von der KI erzeugten Unterschiede und Resonanzen werden in handgemalte Gemälde übersetzt, die zusammen mit den Prompts ausgestellt werden, die ihre Transformation inspiriert haben. Dieser Dialog zwischen digitalem Werkzeug und malerischer Geste offenbart die Spannung - und die mögliche Komplementarität - zwischen menschlicher Kreativität und technologischer Innovation und wird zu einem kraftvollen Mittel der Reflexion über die tiefen, oft unsichtbaren Verbindungen zwischen Kulturen und Identitäten.
Die Serie erweitert sich um zwei Werke, die das Thema des Krieges und seiner strukturellen Ursachen direkt aufgreifen und findet ihren Abschluss in einem Bild von starker symbolischer Wirkung, das explizit die Frage des Genozids thematisiert. Es handelt sich um eine malerische Neudeutung des Porträts von Anne Frank, die hier beim Schreiben ihres Tagebuchs (iPad) dargestellt wird, jedoch eine palästinensische Kufiya trägt - eine Überlagerung zweier kollektiver Erinnerungen, der Shoah und der Nakba, die in einem einzigen visuellen Akt der Anklage und ethischen Reflexion verschmelzen.
Im ersten der beiden dem Konfliktthema gewidmeten weiteren Gemälde stehen sich zwei Alpha-Hähne in einem archaischen Duell gegenüber - eine archetypische Darstellung von Aggression als natürlichem und anthropologischem Instinkt. Diese Dimension tritt jedoch in den Hintergrund, da im Vordergrund ein Panzer aus Dollarnoten dominiert, eine eindeutige Anspielung auf die ökonomische und kapitalistische Grundlage moderner Kriegsführung.
Im zweiten Bild wird die Komposition von einem US-Soldaten beherrscht, der im Begriff ist, eine Drohne zu starten. Seine angespannte, fast sakrale Körperhaltung erinnert paradoxerweise an die Ikonografie des gekreuzigten Christus und vereint Krieg und Opfer in einer ambivalenten Bildsprache. Um diese zentrale Figur gruppieren sich symbolische Szenen: das brennende Gaza, eine Mutter mit Mini-Hijab, die den leblosen Körper ihres Kindes im weißen Leinentuch islamischer Bestattungsrituale hält - vermutlich Opfer eines der zahllosen Bombenangriffe - während eine andere Frau in traditioneller palästinensischer Kleidung versucht, sie in ihrem Schmerz zu trösten. Ergänzt wird die Szene durch eine aufsteigende Börsenkurve mit Goldmünzen an der Basis, Soldaten, die am Computer einen militärischen Angriff koordinieren und die wiederkehrende Darstellung der Drohne - Sinnbild für die emotionale Distanz und die Automatisierung der Gewalt in der Gegenwart.
Die symbolische Kraft des malerischen Werks entfaltet insgesamt eine vielschichtige Lesart der Realität, in der sich ästhetische und ethisch-politische Dimensionen zu einer visuellen Sprache verbinden, die die Macht-, Identitäts- und Technologiedynamiken der globalisierten Gesellschaft kritisch befragt.
Die Botschaft des Projekts
Viele der heute verheerendsten Konflikte entstehen zwischen Gemeinschaften, die tatsächlich ein weit größeres gemeinsames kulturelles, ethnisches und historisches Erbe teilen, als die dominanten Narrative erkennen lassen. Man denke etwa an Sudan, Äthiopien, Kongo, Syrien, Jemen, Ukraine, Myanmar oder Afghanistan - und nicht zuletzt an den israelisch-palästinensischen Konflikt.
In der öffentlichen Wahrnehmung und im medialen Diskurs werden diese komplexen Realitäten jedoch häufig auf eine dichotome Darstellung der Welt reduziert, die auf der Gegenüberstellung von "Gut" und "Böse" beruht. Besonders im westlichen Diskurs dominiert eine Erzählung, in der das eigene kulturelle Paradigma die Rolle der "Gerechten" beansprucht, während die "Anderen" dem Bereich des Bösen oder der Rückständigkeit zugeordnet werden.
Das Projekt entscheidet sich bewusst dafür, dieses binäre Paradigma zu dekonstruieren, und stellt die Verbindungen, nicht die Spaltungen, in den Mittelpunkt. Der Fokus liegt auf dem israelisch-palästinensischen Konflikt - nicht nur aufgrund seiner Dauer und Tragik, sondern auch wegen der Vielschichtigkeit seiner historischen, wirtschaftlichen, religiösen und kulturellen Dimensionen. Dieser Konflikt verkörpert ein emblematisches Paradox: zwei Völker mit eng verflochtenen Wurzeln, vereint durch eine gemeinsame Geschichte und ein gemeinsames Land, aber getrennt durch Jahrzehnte von Feindseligkeit sowie politischer und ökonomischer Dominanz.
Durch das Projekt wird verdeutlicht, dass jenseits identitärer und religiöser Differenzen die zeitgenössischen Konflikte - einschließlich des israelisch-palästinensischen - in Machtlogiken wurzeln, die kapitalistischer und kolonialer Natur sind und in denen Kontrolle über Ressourcen, geopolitische Strategien und die Konzentration von Reichtum systematisch über die Rechte und die Würde der Völker gestellt werden.
Durch Malerei und durch eine Reflexion, die sich moderner Technologie bedient, versteht sich das Werk als Akt kritischer Bewusstwerdung und poetischer Anklage - nicht versöhnend, sondern widerständig -, um die ökonomischen und politischen Mechanismen sichtbar zu machen, die Krieg nähren und Ungerechtigkeit fortschreiben.