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Kugelpendel (CONATUS) und Rote Verformung, 2014
Kunst am Bau Entwurf für die Max-von-Laue-Schule (Erweiterung zur Integrierten Sekundarschule) Berlin,
Auslober: Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin
Entwurf, Standort, Intention
Die neu eingerichtete Mediothek im Altneubau Die Mensa
Als Kunst-am-Bauprojekt für den Um- und Erweiterungsbau der Max-von-Laue-Schule ist eine zweiteilige Arbeit, bestehend aus der Installation "Kugelpendel" (ohne Stoßfunktion) und der Skulptur "Rote Verformung" vorgesehen. Beide Entwürfe thematisieren Grundprinzipien der Physik, als einer vom Experiment ausgehenden Wissenschaft und werden als spielerische, optisch überdimensionierte Versuchsanordnungen umgesetzt.Das Thema referiert somit auf den Namensgeber der Schule, den Physiker und Nobelpreisträger Max von Laue (1879-1960), sowie auf die naturwissenschaftliche Ausrichtung und den hohen Praxisbezug der Schule.
Der Vorschlag verbindet mit den künstlerischen Eingriffen zwei repräsentative, gemeinschaftlich genutzte Standorte der Sekundarschule: Zum einen die neu eingerichtete Mediothek im Altneubau ("Kugelpendel") und zum anderen den kombinierten Mensa- und Aula-Raum im Neubau ("Rote Verformung"). Über die inhaltlichen Konnotationen hinaus ist die Arbeit ein konzeptueller Eingriff in die spezifische Architektur der unterschiedlichen Funktionsräume Mediothek und Mensa/Aula.
In der Mediothek, die ruhige Arbeitsbereiche mit gemütlichen Lounge-Bereichen kombiniert und eine großzügige Raumhöhe von 6,5 m hat, fügt sich das sinnlich ansprechende "Kugelpendel" in die Architektur des Aufgangsbereiches zur Leseabteilung auf der Galerie.
Die Installation "Kugelpendel" besteht aus 7 Edelstahlhohlkugeln mit spiegelnder Oberfläche, die mittels Stahlseilen in einer geraden Reihe in einer Rahmenkonstruktion aus Edelstahlrechteck-rohren hängen. Die Skulptur imitiert den physikalischen Versuchsaufbau des sogenannten Newtonpendels, das zur Demonstration des Impuls- und Energieerhaltungssatzes dient. Die Stoßfunktion zwischen den Kugeln ist durch eine durchlaufende Gewindestange vollkommen blockiert, so dass die Kugeln nur als geschlossene Reihe geräuschlos und leicht oszillierend hin- und her schwingen können.Auf die 7 Kugeln ist in einzelnen Großbuchstaben der lateinische Begriff "CONATUS" eingraviert und von beiden Schauseiten zu lesen. Der Begriff steht für Anstrengung, Bemühen, Streben und den Impuls für eine Handlung. Als philosophischer Terminus bezeichnet Conatus die innere Neigung, überhaupt oder hinsichtlich einer spezifischen Eigenschaft weiter zu bestehen oder größer zu werden. Der Schriftzug auf den Kugeln stellt die essenzielle Verbindung zwischen geisteswissenschaftlichen und naturwissenschaftlichen Fächern dar, zumal die Schule auch eine sprachlich-literarische Ausrichtung hat. Die Verknüpfung beider wissenschaftlicher Disziplinen - die Dualität von Geist und Materie - auch im Hinblick auf gesellschaftliche Verantwortung wie sie Max von Laue praktiziert hat - wird ferner durch den langgestreckten, rechteckigen Foto-Leuchtkasten mit einem Himmelsauschnitt symbolisiert: Der Himmel als Sphäre des Geistigen befindet sich paradoxerweise unterhalb der Kugeln, die Materie/Energie versinnbildlichen.
Im großräumigen Saal der Mensa/Aula im Erdgeschoss des Neubaus - einem wesentlichen Aufenthaltsbereich außerhalb der Klassenräume - wird ein konstruktiver Teil der vorhandenen Architektur, eine der beiden freistehenden Säulen, als Träger für einen optisch wirkenden Eingriff genutzt. Die signalrote Farbe der Skulptur "Rote Verformung" akzentuiert als Eyecatcher den weitläufigen Raum.Die Skulptur "Rote Verformung" ist im Deckenbereich der kombinierten Aula/Mensa rechts von der Bühne an der freistehenden Säule vor der südlichen Fensterfront mittels einer Stahlringmanschette befestigt. Der rote, bizarr-abstrakte Körper der Skulptur visualisiert als plastische Darstellung eine Form der Energieumwandlung und der Entropie. Hier wird die Verformung eines Körpers durch Einwirken von Kraft sichtbar: Trifft ein fester Körper auf einen verformbaren, wird der Impuls in Energie umgewandelt und der weiche Körper sichtbar verformt. Die skurrile Form der gegenstandslosen Skulptur symbolisiert den Zufall, Abstraktionsvermögen sowie ungewöhnliche Denkweisen als Motor für Forschung und Entwicklung.
Beide Entwürfe gehen auf die sinnlichen Erfahrungsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 7 bis 10 ein und treten so mit ihnen in einen Dialog. Der humorvolle Aspekt beider Entwürfe regt die Phantasie an und fordert zu immer neuer Betrachtung und Reflektion heraus. Neugier als Impuls für das Streben nach Erkenntnis und für die Suche nach Antworten auf Fragestellungen, die sich aus der Beobachtung ergeben, stehen als wesentliche Grundlagen von wissenschaftlicher Forschung und des Lernens im Mittelpunkt beider Entwürfe. Durch die Manipulation von Wahrnehmungskonstanten wie Größe, Ort, Perspektive und Kontext werden Sehgewohnheiten in Frage gestellt und die Schüler/innen können zu überraschenden, ganz neuen Sichtweisen gelangen.
Installation "Kugelpendel" (CONATUS)
Maße: L 580 x H 260 x T 42 cm
Kunststoffskulptur "Rote Verformung"
Maße: 100 x 110 x 70 cm